Coming out of the closet
Geschrieben in Ninas Privatkram am Dienstag, 07.08.2012Ich bin zurück von meiner 3-wöchigen Reha und mir geht’s gut. Zum einen körperlich, weil ich mich in den letzten 21 Tagen vermutlich mehr bewegt habe als in den vergangenen 2 Jahren davor, andererseits auch, weil ich ein Coming-out der besonderen Art hatte. Ausgelöst wurde das durch ein Buch – Still: Die Bedeutung von Introvertierten in einer lauten Welt – oder besser gesagt, die Zeitungs-Rezension dazu. Darin fiel der entscheidende Satz, dass viele ‚umgelernte‘ Introvertierte oft ein sehr lautes, polterndes, toughes Verhalten an den Tag legen. Für bislang niemanden, dem ich davon erzählt habe, war mein Aha-Erlebnis auch nur annähernd so beeindruckend wie für mich, aber man stelle sich mich beim Lesen obigen Satzes vor, während im Hintergrund die Anfangstakte zu Strauss‘ „Also sprach Zarathustra“ ertönen. Für mich WAR das eine massive Erkenntnis, weil mir dadurch klar wurde, warum so viel und was genau in meinem Leben nicht passt.
Eigentlich sollte ich als wiedergeborene Introvertierte damit gar nicht an die Öffentlichkeit gehen, und eigentlich wird diese Offenbarung nur die wenigsten Leser hier interessieren, die ja eigentlich auf Neuigkeiten bezüglich meines Comics warten (die gibt’s nicht, ich arbeite noch am Storyboard, finis). Aber vielleicht gibt es ja doch die eine oder andere Person unter meinen Lesern, die sich von der Welt unverstanden fühlt, die oft lauter ist, als sie es eigentlich sein möchte, weil sie sich damit unbewusst die Menschen vom Halse hält; die irgendwann im Laufe ihres Lebens gelernt hat, stark zu wirken und deswegen nun von jedem alles aufgehalst bekommt und daran langsam zerbricht (siehe Rückenschmerzen!). Vielleicht also liest hier jemand mit, der ohne es zu ahnen schon immer introvertiert war, von einer lauten Welt aber unbewusst umgelernt wurde und sich deshalb mit sich selbst nicht auskennt. Es ist gar nicht notwendig, das oben verlinkte Buch zu lesen bzw. gibt es auch andere weniger amerikanische zu dem Thema. Aber die Erkenntnis, dass man eigentlich andersrum tickt, nämlich still und nachdenklich, und dass man keinen Rücken, breit wie ein Doppelbett hat, die ist ungemein befreiend. Jetzt muss es nur noch die Umwelt lernen.
ICH habs gelesen! Und ich fand es sehr interessant :)
Da ich auch eher der lautere Typ bin, kam ich dann doch kurz ins nachdenken… Ich habe durchaus auch meine stillen Seiten, aber nööö… glaube, ich bin tatsächlich eher der extrovertierte Typ.
ABER jede Medaille hat seine zwei Seiten und selbst wenn man doch eher die Kämpfernatur in sich trägt oder eher gesagt sie auch nach außen trägt, so kann man nicht alles bewältigen und braucht auch dann oder gerade auch dann, wo es eben keiner vermutet, den Rückhalt von anderen.
Und im Gegenzug: Auch die introvertierten, ruhigen Typen tragen den Kämpfer in sich! Man sieht ihn nur meist nicht auf den ersten Blick. Aber wenn es darauf ankommt, dann ist er da.
Man sieht es an Dir! :o)
Toitoitoi für Deine weitere Gesundheit!
Liebe Grüße
Danija
P.S. Es ist sehr, sehr Schade, dass du T&M nicht „richtig“ beenden kannst, aber die Gesundheit geht klar vor!
Liebe Nina !
Schön, wieder etwas von dir zu lesen, vor allem, dass es dir gesundheitlich gut geht.
Ich bete (u.a.) für dich – jeden Tag. Es muss helfen.
Viele herzliche Grüße
Andrea
Huhu Nina,
Bisher war ich nur stille Leserin, aber deine Erkenntnis finde ich sehr spannend, unter anderem auch, weil ich ähnliches gerade erlebe bzw erlebt habe:
Ich war auch oft sehr laut und lebhaft, obwohl es in mir ganz anders aussah – aber das sollte niemand bemerken – das ging soweit, daß manche extrem überrascht waren, als ich ihnen erzählt habe, wie es in mir wirklich aussieht, weil ich doch früher immer so selbstbewußt war – selbstbewußt wirkte, um die Unsicherheit nicht zu zeigen, wäre aber zutreffender.
Auch die Verknüpfung zwischen Problemen mit der Psyche und Rückenproblemen habe ich gerade selber ausprobiert.
„Jetzt muss es nur noch die Umwelt lernen.“ – Das kann ich auch nur unterschreiben – gerade bei Dingen, die für andere nicht so einfach greifbar sind, weil sie es selber nie erlebt haben, und weil kein Problem von außen sichtbar ist, scheint es für das Umfeld unglaublich schwer, das zu akzeptieren.
Ich habe auch den Eindruck, das trifft bzw traf auch auf manche Leser hier zu – deine gesundheitlichen Probleme sind für uns nicht sichtbar, wir müssen aufgrund deiner Beschreibungen versuchen uns vorzustellen, was du hast, und dadurch dann das nötige Verständnis aufzubringen, warum es für dich so notwenig ist, das Zeichnen aufzugeben, ist nicht für alle einfach.
Ich wünsche dir, daß es weiter bei dir gut vorran geht, und drücke dir auch in Bezug aufs Verstädnis deiner Umgebung ganz doll die Daumen!
Lieben Gruß,
Naya
Hi Nina!
Schön von Dir zu hören.
Wir hoffen das deine Gesundheit nur noch Bergauf geht.
Fühle dich ganz lieb geknuddelt.
Steve
Die Umwelt ist eigentlich der schwerste Brocken an der Sache, denn 40 Jahre lang hab ich der vorgespielt, ich sei stark und unverwüstbar. Ich habe es nicht bewusst gemacht, das war bloß ein Theaterdonner, damit keiner merkt, wie verwundbar ich tatsächlich bin. Und dass das so ist, will keiner hören, denn Schwäche ist unangenehm. Ich seh’s an meinen Arbeitskollegen, die immer mit lautem Gelächter reagieren, wenn ich sage, dass ich es gerne still und besinnlich habe. Die leben in der Vorstellung, ich sei der Typ, der es gerne laut und lustig hat und immer viele Leute um sich braucht. Und den absolut nichts umstoßen kann. Drum kann man mich auch mit allem belasten. Und außerdem bin ich auch die, die für Stimmung zu sorgen hat, wenn dem mal nicht so ist, dann werden die meisten sauer. Da liegt noch ein sehr weiter Weg vor mir – notfalls muss ich wieder mal mein berufliches Umfeld wechseln, sollte die Einsicht nicht greifen.
Ich fürchte, meine falsch anerzogene Extrovertiertheit hat mich letztendlich auch das Zeichnen gekostet. Ich höre nicht vorwiegend wegen meines Rückens auf, sondern weil ich es nicht mehr kann. Es kommt nicht mehr aus mir selbst heraus. Ich habe so lange nur noch für „draußen“ gezeichnet, bis es in mir abgestorben ist. Leider ist mir das erst bewusst geworden, als es zu spät war.
Ich hab zum Glück schon ca 15 Jahre vor dir gemerkt, daß da was nicht passt und die ganze Zeit versucht habe, jemand zu sein, der ich nicht bin – aber von denen, die mich früher kannten, ist es auch nach 5 Jahren Therapie, Klinik und vielen Gesprächen auch mit der Verwandt- und mancher Bekanntschaft, immernoch kaum zu glauben, daß ich eben nicht so selbstbewußt bin, wie ich immer getan hab, und daß ich wirklich nicht so belastbar bin, wie manche anderen (oder wie die zumindest tun) Manche wollen es glaube ich auch gar nicht verstehen, und manche versuchen es, aber kriegen es nicht hin und basteln sich ein ganz anderes und teils sehr seltsames neues Bild von mir.
Bei denen, die mich erst irgendwann während dieser 5 Jahre kennengelernt haben, ist es einfacher, auch wenn da immernoch einige Veränderungen bei und in mir vorgehen, die nicht für mein ganzes Umfeld einfach sind (das, wo ich sage, „ja, das bin ich wirklich“ suche ich noch)
Gib nicht auf, bei denen, wo du denkst, sie können es irgendwann doch verstehen, und bei denen, die dir wichtig sind, aber verschwende nicht deine Kraft an die, die es eh nie verstehen werden, du kannst sie an anderen Stellen besser gebrauchen.
In der Klinik, in der ich war, haben sie uns zum Abschied eine Medaille mitgegeben, auf der etwas stand, was ich dir für den Umgang mit deiner Umwelt weitergeben will:
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann,
den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann,
und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Noch gibt es genug Situationen, in denen mir etwas davon – oder auch alles drei – fehlt, aber ich bin zuversichtlich, daß ich das irgendwann noch lernen werde, und diese Zuversicht wünsche ich dir auch.
@ Naya: Vielen Dank für diesen Erfahrungsbericht. Und überhaupt alle Kommentare zu dem Thema. Das ist tröstlich. Und ja, die Leute, die mir wirklich wichtig sind, wissen zum Glück, dass ich nicht so ein Fels in der Brandung bin. Für mich ist es nur noch wichtig, dass ich nicht mehr das Bild von mir nach außen trage, das wird noch ein längerer Lernprozess.
Hach Nina schön mal wieder was von dir zu lesen, hoffentlich lässt ich dein Rücken wieder durch atmen, das Buch kenne ich leider nicht, aber vielleicht kannst du dich ja für „das Vorzelt des Grauens“ von Tommy Krapweis erwärmen, mir als Sohn von passionierten Schrebergärtnern hat er aus tiefer Seele geschrieben, auch wenn ich nicht so arg leiden musste, wie er.
Es ist aber faszinierend, wie viel von den Frust und Leiden in Bernd dem Brot wieder geboren wurde.
glückwunsch zu deiner erkenntnis^-^
Ich denke es wird sehr schwer deine Arbeitskollegen von einer Veränderung zu überzeugen… in einer Gruppe sind die Rollen recht schnell verteilt und eine neu Verteilung ist fast unmöglich…
Ich hab das damals an einem Schulkameraden gesehen. Er war immer der Klassendepp und kam von dem Bild nicht weg, egal was er versucht hat. Erst als er eine Klasse wiederholt hat, also aus dem alten Umfeld gerissen wurde und ganz neue Leute um sich hatte, hat sich das geändert und er hat von seinen neuen Mitschülern Anerkennung erfahren. Seitdem habe ich solche festgefahrene Rollen schon häufig erlebt, zum Teil auch mir gegenüber zum Teil aber auch von mir selber. Wenn man einmal darüber selber reflektiert, warum man Leute behandelt, wie man sie behandelt… da tun sich Abgründe auf, gerade im Arbeitsumfeld, also mit Leuten, die man sich nicht aktiv selber ausgesucht hat, aber mit denen man jeden Tag interagiert.
Daher, wenn es irgendwie geht, wechsle den Job… Ich glaub nicht, dass sich das gut einrenken kann.
Ich selber bin introvertiert, zumindest im „RL“, im Internet ist es etwas anders… Ich kann mir kaum vorstellen wie schrecklich es sein muss ständig den/die Extrovertierte/en spielen zu müssen… Ich hoffe, dass du es schaffst da raus zu kommen.
Liebe Nina,
ich kann deine Erkenntnis durchaus nachvollziehen. Ich bin auch eigentlich eher ruhig und introvertiert und unter Leuten eher laut und stark. Allerdings habe ich vor Jahren schon gelernt „Nein“ zu sagen, wenn es mir privat oder auf der Arbeit zu viel wurde. Auch ziehe ich mich zurück wenn es mir zu viel wird. Dadurch habe ich mir immer mein Seelenheil bewahrt und bin körperlich auch mehr oder weniger unversehrt. Aber Narben trägt sowas immer mit sich.
In meinem Team sind die Jungs immer ganz verwundert, wenn ich bei einem Telefonanruf mit schlechten Nachrichten auf einmal wie ein Häufchen Elend hinter meinem Monitor sitze und leise vor mich hin heule. Aber, und da muß ich eine Lanze für die Jungs brechen, sie sind dann wirklich lieb und kümmern sich um mich. Egal wie sehr wir uns davor die Köpfe eingeschlagen haben.
Bei deinem Arbeitsplatz kann ich Dir nur raten, tief in dich zu gehen und darüber nachzudenken, ob Du das Gefühl hast, das sich deine Kollegen an die neue Situation gewöhnen können. Gib ihnen eine Chance bei einem offenen Gespräch sich mit dieser Situation vertraut zu machen. Wie schnell glaubt man, das das Gegenüber einen Scherz macht, weil die momentane Situation nicht auf ein ernstes Gespräch hindeutet. Wenn Du kein offenes Gespräch in großer Runde möchtest, könntest Du auch erst mal mit einem Kollegen anfangen. Jemanden zu dem Du ein gewisses Maß an Vertrauen hast, sprich jemanden auf deine Seite „ziehen“ und vielleicht einen weiteren Fürsprecher zu haben, der Dir den Rücken stärkt, wenn Du nicht da bist.
Ich wünsche Dir jede erdenkliche Stärke und das Du für dich die richtige Entscheidung triffst.
Liebe Grüße
Melanie
Hallo Nina,
es freut mich, dass es dir wieder besser geht. Ich drücke dir auch die Daumen, dass deine Umwelt dein wiederentdecktes Ich akzeptiert oder du dir eine Umwelt suchen kannst, in der du sein kannst wie du bist.
Alles Gute!
Freut mich dass es dir wieder besser geht und wünsche dir viel Erfolg beim „umerziehen“ deiner Arbeitskollegen.
Beste Wünsche, der Introvertierte (zum Glück in Besserung, ich habe als Jugendlicher teilweise Tagelang kein Wort von mir gegeben – hat mir Rückblickend betrachtet einige der wichtigsten Jahre versaut… naja…Pech)
@Der Ich: Das mach ich auch heute noch gern. Tagelang kein einziges Wort reden. Dafür umsomehr lesen, herumzangeln und Ideen köcheln lassen. Sag bloß nicht, daß Du Deine Introvertiertheit als „Krankheit“ betrachtest. Weg damit! Du funktionierst hervorragend, und wenn Du mal tagelang nix redest, dann ist das eben so. Basta!
@Nina: Schön, bissl was von dir zu lesen. Auch, daß Dir die Rekuperationsphase gut getan hat. Und – so von zurückgezogen lebendem nerd (dork) zu sich „neu entdeckender“ Zurückgezogener: Das Leben ist schön. Es muss nicht um einen herum wuseln und wurln, lärmen und herumzucken. In Ruhe schmökern, in Ruhe in einem Eck sitzen und „nur“ das Rauschen des Windes in den Ohren zu haben und die Farben der Natur auf der Retina, das sind Reichtümer, die kann man unmöglich erklären. Erobere sie Dir und erfreue Dich an diesen und anderen Schätzen. Und mach dich auf interessante Zeiten mit „Freunden“ gefasst. Ich für mein Teil mach Dir jedenfalls keine interessanten Zeiten darob. Ich verstehe das.
brrr – des san jetzt wieder zuviele Sätz gwesn.
@distant
Stille und lesen… klar, hatte schon ein paarmal ein paar „nicht zu mir gehörige“ Anhängsel – die sich, nachdem ich es geschafft habe mich auf den Rücken zu rollen, mit einem Kribbeln als Arme entpuppten die, wie ich auch, beim Bücherlesen eingeschlafen sind.
„Du Deine Introvertiertheit als “Krankheit” betrachtest.“
Jain, ich empfinde sie des öfteren als störend da ich durchaus gerne etwas mehr unter Menschen wäre – nur Introvertiertheit sei Dank – ist es recht schwer für mich einfach mit anderen ins Gespräch zu kommen (Menschenmassen gehen gleich garnicht – dort scheint es nur darum zu gehen so Laut zu reden das alle einen hören, obwohl man nur mit seinem Gegenüber spricht), mal abgesehen davon dass ich den Umgang mit Menschen nie wirklich gelernt habe („die wichtigsten Jahre“).
Ist schade, denn das hier wäre sicher lustig – aber ich würds nicht durchstehen:
http://www.youtube.com/watch?v=ga6IsCtlFjQ
http://www.youtube.com/watch?v=FcDulovxOAc
(ich würde bei einem Konzert auch dahocken wie im Theater – DÄ würden sagen Unrockbar -.- )
@ DerIch: In deinem Fall würde ich dir wirklich dazu raten, dir das von mir erwähnte Buch von Susan Cain zuzulegen. Dir könnte es helfen. Ich habe es mir auch gekauft, und was mir darin trotz der starken US-Bezogenheit sehr gut gefällt, ist die vielfach unterschiedliche Herangehensweise an das „Problem“ Introvertiertheit, das ja nur deshalb eins ist, weil die extrovertiert-verliebte Gesellschaft es uns aufzwingt. Dabei wird auch das andere Extrem (am Beispiel von China) genannt, bei denen wiederum Introvertiertheit als Zierde gilt, in genauso überzogenem Ausmaß, dass es fast schon an Selbstverleugnung grenzt.
Es werden die Extrovertierten darin keinesfalls schlecht geredet, aber es wird wohl eine Lanze für Introvertiertheit gebrochen, nämlich dass man sich NICHT verbiegen soll, sondern seine persönlichen Stärken eben anders einsetzen kann. Dabei wird zB auch von einem Pärchen erzählt – er extro, sie intro – die jahrelang damit Probleme hatten, weil er gerne große Parties feierte, sie hingegen nicht. Getroffen haben sie sich dann insoweit, dass er seine Parties auf die Hälfte reduziert und überdies so organisiert hat, dass nicht alle Leute an einem Fleck zusammen kleben, sondern sich in Grüppchen aufteilen. Das ermöglicht den Introvertierten sich eher am Rande zu halten und sich nur mit einer oder zwei Leuten auf einmal unterhalten zu müssen.
Und ja, es stimmt schon, man kann auch als Introvertierter umlernen, so dass man sich in Gesellschaft sogar in den Mittelpunkt stellen kann. So wirklich wohl fühlt man sich dabei zwar nicht, wenn man allerdings weiß, dass das zeitlich begrenzt ist geht es. Grundvoraussetzung ist allerdings, dass man damit klar kommt, dass die anderen einen in der Folge als extrovertiert einschätzen, und ich fürchte, genau das ist der Knackpunkt. Ich für meinen Teil habe beschlossen, den Mittelpunkt künftig zu meiden. Nicht, weil ich es nicht könnte. Ich will bloß nicht länger dieses falsche Bild von mir nach außen hin vermitteln.
Hallo Nina,
ich war auch lange Zeit nur stiller Mitleser und habe auch in letzter immer wieder hier vorbei geschaut, um zu sehen, ob es Neuigkeiten von dir gibt. Daher freut es mich umso mehr, dass es dir wieder besser geht. Einen großen Glückwunsch zu deiner Erkenntnis; ich glaube, es geht viel mehr Leuten so, als man denkt. Aber es erfordert großen Mut, sich das zuerst selbst einzugestehen, und dann auch offen darüber zu reden. Daran scheitern wahrscheinlich die meisten.
Ich wünsche dir alles Gute für deine Gesundheit!
Martin
Hey Nina,
ich schließe mich zuerst den anderen an: Schön, dass es dir gut geht! Freut mich sehr für dich. :)
Zum anderen: Rein vom Gefühl denke ich, an der Theorie mit der anerzogenen Extroviertheit ist was dran. Allerdings frage ich mich: Haben wir uns das wirklich nur anerziehen lassen oder ist es nicht auch so, dass wir ein Stück weit so „tough2 geworden sind,w eil wir lebensunständebedingt mussten?
Mir tut es zumindest ein wenig gut, zu hören, dass ich nicht alleine so bin. Wie machst du das denn jetzt anders? Meinst du, dass es sozusagen in deinem Leben aus Sicht von Bekannten etc noch einen Platz für dich gibt,w enn man sich so verändert? (ICh hoffe, du verstehst, was ich dich fragen will?^^)
Liebe Grüße
Nex
PS: Und ich für meinen Teil freue mich auch immer, etwas von dir zu hören. :)
@Nex: da is sicher was dran – dass man sich zum Teil ein hartes, forsches Auftreten aneignet, um „draussen“ bestehen zu können. Das sind halt Verhaltensweisen und Mechanismen, damit man sich einigermassen sicher dort bewegen kann, wo man nicht verstanden wird oder nicht will, daß andere dies wissen.
Im Geschäftsleben ist nämlich ein einigermassen forsches und leidenschaftliches Auftreten durchaus von Vorteil. Energische Argumentation, bei der man aus sich herausgeht und zeigt, dass die Sache von der man spricht, das Kämpfen wert ist, bringt Leute dazu, zumindest darüber nachzudenken. Allerdings ist geschäftsleben nicht gleich Privatleben. Und was ich geschäftlich bring, schaff ich privat nur bedingt bis überhaupt ned, weil einfach zu scheu. Man kann sich im privaten halt ned hinter der geschäftlichen Fassade „verstecken“. Und mit „schlauen“ Anmachsprüchen hab ichs halt ned.
ansonsten ists so: Wer damit nicht zurechtkommt, hat die Freiheit, zu gehen. lieber einige wenige Sehr gute Freunde, die diese Sache verstehen und damit respektvoll umgehen als viele Bekanntschaften, die nix kapieren (wollen).
also, du siehst: Allein bist ned. ^^
nochmal @ DerIch: Fühle dich in guter Gesellschaft, was deine Unfähigkeit zum plakativen „Aus-sich-Herausgehen“ ist. Ich habe schon zur Schulzeit Parties gehasst (tanzen!), Discos noch viel mehr, und bei meinem ersten Rockkonzert stand ich ganz am Rande und habe zum Ausdruck meiner Begeisterung mit der großen Zehe gewippt. Das ist aber meines Erachtens nicht so schlimm, dazu kann ich auch stehen. Ich lebe meine Ekstase eben innerlich. :-)
@ Nex: Bei mir scheint wieder mal alles anders gelaufen zu sein als üblich. Die meisten Introvertierten (auch die, die Cain in ihrem Buch beschreibt) WISSEN seit jeher, dass sie es sind. Bei mir war das nicht der Fall. Ich wurde schon in frühester Kindheit umgedreht bzw. habe mich selbst umgedreht oder verbogen. Ich war ein hässliches, dickes Kind, das ab dem 5. Lebensjahr vom sozialen Umfeld (Kindergarten, Schule) gehänselt und attackiert wurde. Meine Gegenstrategie war: Laut und lustig sein. Damit war ich zwar immer noch ein Außenseiter, aber immerhin nicht mehr der Punching-ball.
Das Problem dabei war, dass ich mir die Extrovertierten-Rolle so sehr umgehängt habe, dass ich in weiterer Folge vergessen oder übersehen habe, dass ich eigentlich gar nicht so bin. Und seit 35 Jahren kämpfe ich nun damit, was „ich“ überhaupt ist. Mit dem Buch ist mir bewusst geworden, was an meinem Verhalten angelernt und was tief in meinem Innersten verwurzelt ist.
Genau aus dem Grund will ich nicht mehr spielen. Hätte ich mir die Rolle in vollem Bewusstsein angeeignet, wäre sie ein Werkzeug, das ich gebrauchen kann oder auch nicht. So hat es für mich eher den üblen Geschmack einer falschen Haut, in die ich mich gezwängt habe. Ich fühle mich nicht wohl, wenn ich laut bin, und ich hasse es, wenn mich die ganze Welt für ach so stark und zielstrebig hält.
Persönlich glaube ich nicht, dass sich mein Arbeitsumfeld an die Neuerung gewöhnen wird. Mal abgesehen davon krankt es dort ohnehin auch an allen anderen Ecken und Enden. Aber wie genau ich nun weitermache, kann ich im Moment nicht sagen. Es befindet sich alles massiv im Umbruch, ich muss meinen Weg erst noch finden.
Gruß,
ich habe das Buch mal kurz angelesen, scheint ganz gut zu sein – wird bestellt.
Tanzen… ich glaube ich bin sogar für einen Ugly-Dance Wettbewerb zu schlecht – mit der großen Zehe zu wackeln schaffe ich vielleicht gerade so noch… unrhytmisch.
*g* ich muss grade an das hier denken: http://www.youtube.com/watch?v=n7hWBhO7oTY
Ansonsten sind kleinere Parties hin und wieder ganz O.K., zumindest wenn man sich kennt, da ist es auch recht leicht etwas aus sich herauszugehen – wobei mein Freundeskreis auch aus eher ruhigen aber lauten Chaoten besteht – die alle nicht gut tanzen können (keine Disco – mag die dortige Musik eh nicht – und da der Ton bei uns eh etwas rauer ist fallen meine kleinen verbalen Gemeinheiten auch nicht so sehr auf).
„Ich wurde schon in frühester Kindheit umgedreht bzw. habe mich selbst umgedreht oder verbogen.“
Hatte ich auch hinter mir, Aussenseiter weil etwas sehr still und dazu schlecht in Sport – nur haben bei mir die Änderungsversuche (wollte ja auch dazugehören) nicht funktioniert.
Entweder ist man ein verdammt guter Schauspieler – oder das Umfeld muss extrem dumm sein um nicht recht bald zu merken, dass man jemand anderes zu sein vorgibt – ich bin ein schlechter Schauspieler.
Ergebnis: Sich Anzupassen hat nicht funktioniert, Aussenseiter geblieben, einen kleinen Freundeskreis aufgebaut (die meisten auch Aussenseiter) und dann langsam vom Rand „weggewachsen“ – das Umfeld wurde Reifer, man selbst auch, und so wurde es dann auch etwas einfacher ein Kontakte zu knüpfen und auch Akzeptiert zu werden…
Hallo
Nina – vielen Dank für den Buchtip und das Anstoßen einer sehr interessanten Diskussion. Ich habe die letzte Woche viel über das Thema nachgedacht…
Auf größeren Parties verstecke ich mich meisten hinter der Theke oder im Essensstand – da ist man da, kann die Stimmung aufnehmen und keiner versucht mich auf die Tanzfläche zu ziehen…
In gewissen Umfeldern kann ich durchaus sehr gut aus mir herrauskommen und fühle mich noch nicht mal unwohl dabei. Zum Problem wird das dann wenn Leute die mir wichtig sind aber die extrem introvertierte Seite noch nicht kennen mir in einem anderen Umfeld begegnen. Da steht man dann und will eigentlich eine Unterhaltung anfangen aber es kommt kein Wort…
Ein weiteres Problem ist, das man als introvertierter seine Gefühle (insbesondere wenn es einem nicht so gut geht) sehr gut verbergen kann und deshalb das Umfeld auch keine Rücksicht darauf nimmt. Dies kann dann schnell dazu beitragen, das es einem noch schlechter geht. Das ist dann noch nicht mal bösartig von den Leuten, weil ich glaube wenn jemand anders sich so verhalten würde, würde ich das auch nicht merken und evtl. selbst noch unbeabsichtigt einen drauf setzen…
@ Heinrich: Ja, das Verbergen von Gefühlen ist bei mir auch ein großes Problem. Ich verberge nicht mehr, ich verheimliche oder verkrampfe direkt. Habe ich erst letzte Woche wieder gemerkt, wo es mir (nach 3 Wochen richtigem Leben) in der Arbeit wirklich schlecht ging und ich ums Verrecken nicht sagen konnte, was der Grund dafür ist. Ich kriege keine Gefühle über die Lippen. Es wird meist immer nur ein mehr oder weniger zynischer Kommentar, der dann von der Umwelt natürlich komplett falsch verstanden wird.
Da gab es in dem Buch auch eine Aha-Stelle, als von einer Business-Frau die Rede war, die sich von ihrem Mann trennen wollte, aber nicht wusste, wie sie es sagen soll. Im Gespräch stellte sich dann heraus, dass die Frau einfach nicht in der Lage war, ihre Gefühle auszudrücken. Sie konnte sich nur entweder völlig in Tränen auflösen oder die komplette Kontrolle über sich haben. Meist ist es nämlich so, dass Introvertierte auch hochsensibel bis empathisch sind und von Gefühlen permanent überrollt werden, sowohl von eigenen als auch von denen der Umwelt, so dass sie sich schon aus Selbstschutz in ihr Schneckenhaus zurückziehen.
Das ist für mich in meiner Zeit zu Zweit auch ein großes Problem gewesen. Nicht nur, daß ich zum Zuhören neige, ich streite auch nicht gern – das ist soweit gegangen, daß ich schon mal einen Streit erstickt habe, einfach weil mir die extrovertierte Angriffigkeit (beissen) der Ex-Partnerin einfach zu viel geworden ist. Und ja, wenn ich mal was gesagt hab, ists etwas ziemlich pointiertes und zielgenaues gewesen, das ihr erst mal den Atem geraubt hat. Und Nein, das ist nicht richtig gewesen und ich hab mich dann auch regelmässig schlecht gefühlt wegen des unangemessenen Hinbeissens. Ja. ich hab dann zurückgebissen statt nur zu fauchen. Aber das kann man manchmal erst beurteilen, wenn man aus der Distanz schauen und die dinge in ihrer holistischen Gesamtheit betrachten kann.
Wegen dieser meiner generell Konfliktvermeidenden Strategie des biegsam aus dem Weg gehens und bloß nicht anstreifens sind doch etliche Situationen nie richtig bereinigt worden, was schlussendlich dazu geführt hat, daß die Beziehung zerbrochen ist. Was bleibt ist die hoffnung daß ich neben Demut und Dankbarkeit noch einige andere wichtige Lektionen gelernt hab. Bisher merk ich halt mehr eine gewisse Verbitterung. Aber das hilft nicht. Verbittert sein ist ja die leichte Übung, so wie sich selbst leid tun oder so.
Die Empathie hab ich so in den Griff gekriegt, dass ich zwar registriere, aber nur bei jenen, die mir wichtig sind, auch reagiere. Dicke Haut zugelegt sozusagen. Das bedeutet nicht, dass mir bei einer besonders ans Gemüt gehenden musikalischen Sequenz oder einer berührenden Szene in Buch oder Film NICHT die eine oder andere Träne auskommt. (Ja, bin nah am Wasser gebaut, na und?) das bedeutet auch nicht, daß ich komplett ohne Einfühlung und sensitivität dem anderen gegenüber auskomme. Für mich gehört’s zum Verstehen dazu. Worte allein sind zu wenig. Ein Mensch transportiert viel mehr als nur Worte beim Reden. Da gehören doch auch visuelle (und für die, dies hören, auch akustische) Informationen dazu wie Gestik, Mimik, Körperhaltung dazu. Drum versteh ich auch Personen schlecht bis garnicht, die beim Reden keine Mimik oder Körpersprache einsetzen.
Um das ganze ein bissl abzurunden … ich hab „schon immer“ gewusst, daß ich irgendwie anders bin. Weder schlecht noch gut. anders halt. Meine Eltern haben mich bei späteren ernsthaften Diskussionen als „Tagträumer mit dem Kopf in den Wolken“ beschrieben und auch als ernsthafte Person, mit der man reife Gespräche führen konnte (und das schon im Kindesalter – zugegeben, ich hab schon als „kleiner, dummer Bub“ viel lieber mit Erwachsenen gesprochen als mit Kindern. Das ist einfach mein Ding gewesen.)
FÜr die Hänseleien und die ab und an abrupt über mich hereinbrechende Gewalt, die mir andere Kinder angetan haben, hab ich in der Uni-Zeit, nachdem ich mich elektronisch augmentieren hab lassen, um besser zu hören, eine für mich annehmbare und plausible Erklärung gefunden: Ich konnte als terische Nuss (Schwerhöriger) nicht schlagfertig mitblödeln (hab ich noch nie in üppigkeit gemacht, schon garned im Unterricht) sondern hab schon mal was verkehrtes oder im zusammenhang unverständliches gesagt – tjo, falsch verstanden halt – und Kinder können das einfach nicht kompensieren. Wie auch. In der Uni hab ich die Vibrasound gekriegt. KOnnte plötzlich mitreden – auch beim Blödeln – und auf einmal bin ich voll und ganz akzeptiert worden. Da ists sogar egal gewesen, daß ich nach einem Hörsturz mittendrin aufeinmal wieder schlechter verstanden und auch extrem undeutlich gesprochen hab. erstens sind sie viel eher bereit gewesen, zu kompensieren, weil ich für mein Teil auch was gemacht hab (Vibrasound) und zweitens – Mitblödeln, mitreden und mitdiskutieren ist doch wichtig. Auch wenn man ned permanent den Gosch offen hat, ist eine kecke meldung, die noch dazu passt, ab und zu immer herzlich willkommen. Das ist jedenfalls mein Erfahrungshorizont. YMMV. ^^ Im übrigen: diese Erkenntnis ist für mich eine Epiphanie gewesen. Ich konnte loslassen und verzeihen. Auch wenn das Vergessen wieder eine ganz andere Sache ist.
Wow,
schön, dass Du wieder zurück bist. Noch schöner, dass du eine Menge über Dich gelernt hast. Klingt interessant, denn ich war früher auch sehr introvertiert. Und habe mich dann wohl auch zwangsweise zum Extrovertierten gewandelt.
Allerdings habe ich mri meine Introvertiertheit wohl bewahrt. Das Extrovertierte ist wie ein Mantel, den ich ab und an mal anlege. Und dann halt auch wieder ablege, sobald es möglich ist bzw. er nicht mehr nötig ist. Erstaunlich, dass das wirklich so verbreitet ist – hätte ich nie gedacht.
Ich hoffe, du findest einen Arbeitsplatz, der dir mehr zusagt, wenn du wechselst. Und wegen T&M mach dir mal nicht zuviele Gedanken …
Hey Nina,
also, ich habe mir das Buch jetzt auch via Amazon bestellt. Ich hab zwar erst begonnen mit dem Lesen, aber du hasttest Recht.. Es ist ein sehr gutes Buch… Und hält einige Erkenntnisse bereit. Mir hat es unheimlich gu getan, zu lesen, dass ich so okay bn wie ich bin. =)
Ein ganz tiefes, ehrliches dankeschön für deinen Post, ohne den wäre ich auf das Buch wahrscheinlich nciht gestossen! Selbst meine Therapeutin hat schon davon gehört.^^ Da hast du was gutes entdeckt.^^
ich hoffe auf jeden Fall für dich, dass es einigermaßen gut geht. Du hast schon genug mitgemacht. Ich drücke dir die Daumen!
Lg, N.
@ Nex: Das ist sehr schön. Es ist wirklich so, dass einem das Buch in erster Linie das Gefühl gibt, dass man nicht falsch tickt, dass mit einem eigentlich alles in Ordnung ist und nur die Maßstäbe der Gesellschaft anders ausgerichtet sind. Sowas ist schon sehr tröstlich.
Im Spiegel letzte Woche war übrigens auch ein längerer Artikel zu dem Thema und insbesondere auch zu den Stärken von Introvertierten; leider find ich den nicht auf Spiegel Online zum Verlinken :(
Laut dem Test dadrin bin ich ganz deutlich eine Introvertierte, auch wenn ich manche eher typisch extrovertierte Angewohnheiten hab – wobei ich aber keine Ahnung hab, wieviel davon antrainierte „Tarnung“ ist, und was wirklich „ich“ bin davon. Passt aber dazu, daß ich mich eher introvertiert fühle, meine Umgebung das aber nicht unbedingt auch so mitbekommen hat.
@Naya:
Hab grad auf spiegel.de danach gesucht; beschränkt auf den Zeitraum 1.8. bis heute. Leider nichts gefunden, aber:
Beziehen Sie weitere Quellen ein – Sie finden in unserer Suche Artikel aus SPIEGEL ONLINE,
dem kompletten SPIEGEL-Archiv seit 1947 (bis auf die vergangenen zwei Wochen kostenlos), …
Vielleicht taucht es ja in den nächsten Wochen doch noch auf?!
@nina:
http://www.abload.de/img/jrgendepri86qrc.jpg
Gruß, und weiterhin gute Besserung, vom schon seit Geburt introvertierten Jürgen ;)
Hallo Nina,
danke für den interessanten Buchhinweis. Wünsche dir auf diesen Weg auch noch einmal alles Gute für dein „neues“ Leben!
Ich wollte mich auch noch für den Buchhinweis bedanken. :) Hab zwar erst mit lesen angefangen und weiß jetzt auch, was du mit „amerikanisch“ meinst… bin gespannt, wo es noch hinführt.
Gruß und alles Gute
Achim
Hallo zusammen,
was man hier schon so liest, da scheinen viele mit Erfahrung mit dem Thema zu haben, was mich aber ehrlich gesagt aufgrund unseres modernen Gesellschaftslebens und dessen Anforderungen nicht sehr überrascht.
Ich mag da auch meinen Teil an Erfahrungen zu beitragen. Ich persönlich finde die Erklärung mit dem „introvertiert“ nicht so passend oder zufriedenstellend. Ich selbst bin ein Mensch, der beides ist: ich bin nachdenklich und ich brauche ein gewisses Pensum an Ruhe, aber ich mag auch ab und zu laute Gesellschaft und Rambazamba haben und bin dann selbst laut und reiße Witze. Ich lache viel und gern.
Natürlich kann das jeder für sich definieren, aber ich finde es passender, mich als „hypersensibel“ einzustufen. Und mit dieser Eigenschaft, kann man eben die hier vielgenannten Probleme bekommen.
Ich gehöre auch zu den Menschen, die sich „angepaßt“ haben – und darum irgendwann keine Kraft mehr hatten und in Therapie gelandet sind. Diagnose: „Borderline-Persönlichkeitsstörung“. So nennen sie es dann, wenn nach außen bald gar nichts authentisches mehr vordringt.
Und ja: die Therapeuten machen es sich hier auch manchmal seeeehr einfach. Diagnose rausknallen, Nummer drauf, in die entsprechende Schublade, Standartprogramm durchziehen. (Manche, nicht alle. Aber solche Therapien sind oft schlecht.)
Dabei wird vergessen, was dazugehört, um einen solchen Mißklang in der Seele zu fabrizieren. Das ganze Vorleben spielt da hinein.
Man lernt einfach irgendwann im Leben (von wem auch immer: Eltern, Gleichaltrigen oder sonstigen „wichtigen“ Menschen in seinem Umfeld), daß man abgelehnt wird, wenn man bestimmte Gefühle zeigt. Man gewöhnt sich dann an, nach außen etwas anderes zu zeigen, um akzeptiert und gemocht/geliebt zu werden. Das kann dann statt Traurigkeit, Schmerz oder Erschöpfung zum Beispiel Wut, Überschwänglichkeit oder einfach stillschweigender Ernst sein. Und innerlich geht man schon vor die Hunde, aber das bemerkt niemand, weil man es tatsächlich äußerlich nicht sieht.
Das angelernte Tragen einer solchen emotionalen Maske muß man im schlimmsten Fall über Jahre wieder abtrainieren. Das kann dann noch schwerer werden, wenn einem die eigenen Ängste vor Ablehnung o. ä. im Weg stehen. Dabei stimmt es, was Nina sagt: die Umwelt muß es auch erstmal verstehen und akzeptieren. Ich denke, das ist sogar das schwerste daran.
Aber es ist wichtig, daß man sich Raum und Ruhe nehmen kann, wie man es persönlich braucht. Es lohnt sich, dafür zu kämpfen. Und wenn man anfängt, auf sich selbst zu achten, ist es manchmal auch ein Schritt, anderen Leuten ziemlich vor den Kopf zu stoßen, damit man selbst nicht untergeht.
Nina, laß dich nicht unterkriegen. Es ist dein Leben. Und ich wünsche dir, genauso wie allen anderen, die aus ihrer „Maske“ raus wollen, die Kraft, die sie dazu brauchen.
LG Ame
Hi Nina,
wenn dein Rückenproblem mit deinem Selbstbild zusammenhängt, bist du eigentlich ein Idealfall für die Feldenkraismethode. Da gehts genau um solche Probleme, und da geht viel mehr weiter als mit Physiotherapie, weil die Psyche einbezogen wird (aber ohne viel Therapiegequatsche). Nebenbei tut’s nicht weh und ist sogar angenehm.
In Wien gibt es ein paar Top Leute wie die Ulli Jacksch. Wenn du nicht soviel Kohle ausgeben willst, geh zu meiner Kollegin Gabriela, die ist aus deiner Branche und auch sehr gut.
Probiers mal aus, vielleicht erfahr ich dann doch noch, wie die Geschichte weitergeht. :-)
LG
Erik
Homepage Ulli: http://www.feldenkrais.co.at/
Homepage Gabriela: http://baenziger.at/baenziger.at/Willkommen.html